Im Gespräch: Tassilo Lang | Friedrich Graumann & Co.

Porträt Tassilo Lang

Die Geschichte der Firma Friedrich Graumann & Co. ist eng mit jener Trauns verknüpft. Von Friedrich Graumann gegründet, wurde sie im 19. Jahrhundert von Josef Lang, dessen Schwiegersohn übernommen, der 1869 die damalige „Winklmühle“ in Traun kaufte und dort eine Weberei aufbaute. Viele Menschen fanden in der Weberei Graumann im Laufe der Jahre Arbeit und diese trug maßgeblich zum Stadtbild von Traun bei. Auch heute noch.

Tassilo Lang, der Ururenkel des Gründers, leitet heute die Geschicke des Unternehmens und ist Bauherr des modernen Graumann-Viertels im Zentrum der Stadt. 

Im Gespräch schenkte uns Tassilo Lang viele persönliche Einblicke in die jüngste Geschichte des Familienunternehmens und erzählte über seine Wurzeln in der Stadt Traun. 

Heute im Gespräch:

Tassilo Lang, CEO der Firma Friedrich Graumann & Co.

Unser Wunsch ist es, dass wir gemeinsam ein Profil entwickeln können, das verdeutlicht, dass Traun eine sehr lebenswerte Stadt ist – mit unglaublichen Möglichkeiten. 

Herr Lang, Sie haben in Traun gelebt bis Sie zehn Jahre alt waren. Haben Sie irgendwelche spezifischen Erinnerungen an die Zeit? Was verbindet Sie mit Traun?

Ja, da gibt es mehrere Dinge. Das erste muss eine eher frühe Erinnerung sein. Das war die Vorfreude darauf, wenn der Vater nach Hause kam und die Freude darüber, wenn er endlich zu Hause war. Er kam immer von hinten direkt in den Garten. Wir hatten eine sogenannte Holztür im Zaun zur Weberei. Man hat immer gehört, wenn er nach Hause kam. Ich habe jetzt noch dieses Klicken im Ohr, wenn er das Gartentürl zugeworfen hat. In meiner Erinnerung muss das immer um die Mittagszeit gewesen sein. Ich war damals vier oder fünf Jahre alt. Wenn ich das Gartentor hörte, bin ich immer zu ihm gelaufen und er hat mich hoch gehoben. 

Flugzeugaufnahme vom Juni 1956

Bild: Flugzeugaufnahme vom Juni 1956. An der Bahnhofstraße links bereits der erste Obst- und Gemüse-Kiosk von Frau Lugmaier; rechts vom „Lang-Haus“ der zweite Kiosk der Firma Braunschmid (Eisenwaren). Quelle: graumann.at

Sehr beeindruckt hat mich, dass wir in der damaligen Weberei, die ja inzwischen abgerissen wurde, eine Luftballonfabrik eingemietet hatten. Diese hieß London Rubber Company und hat mich immer reichlich mit Luftballons versorgt, die ich dann auch an Freunde verteilt habe.

Dann gibt es eine sehr schöne Geschichte, die meine Mutter damals gar nicht erfreut hat. (lacht) Meine Mutter hat sich immer weiße Weihnachten gewünscht. In dem Jahr war es aber bereits absehbar, dass es grüne Weihnachten werden würden. Damals waren in der Bahnhofstraße mehrere Kioske. Einer davon war ein Dekorationsgeschäft. Irgendwie habe ich es mit meinem kleinen Taschengeld geschafft, einen großen Sack mit Styroporkugeln zu bekommen. Ich hatte mir das gedanklich schön ausgemalt. Meine Mutter ist immer eher spät aufgestanden. Ich habe früh begonnen unten alles vorzubereiten und die Styroporkugeln auszustreuen. Jeder Tisch, jede Fläche die ich gefunden habe, war schon voll mit diesen weißen Kugerln. Zum Schluss kam noch das Schlafzimmer meiner Mutter. Dort habe ich zuerst ganz leise angeklopft und bin rein geschlichen. Vor dem Fensterbrett stand eine Kommode, die ich bestreut habe. Meine Mutter macht in dem Moment die Augen auf. Sie sagt entsetzt: „Tassilo, was machst du da?“ Und ich, damals sehr gutmeinend: „Ja, ich mach dir weiße Weihnachten.“ (lacht)

Das hat Jahre gedauert, die Kugerln wieder weg zu kriegen. Jeder Staubsauger hatte seine liebe Not damit, weil die Styroporkugeln immer wieder drüber hüpften. (lacht) Also das war eine Katastrophe. Aber ich hatte damals ja davon keine Ahnung und natürlich hatte ich dem Dekorateur nicht erzählt, was ich damit vor hatte. 

Eine andere Erinnerung, die ich habe, ist die an einen Nachbarsbuben. Das war im Kontext von einem Fest im Herbst. Er war sehr geschickt und konnte gut auf Bäume kraxeln. Kurti ist also auf einen Kastanienbaum geklettert und hat von oben die Kastanien runter geholt. Ich habe diese dann verkauft. (lacht) Ich nehme nun an, dass wir das Geld im Anschluss geteilt haben. Wir haben uns jedenfalls einen großen Spaß daraus gemacht.

Zudem habe ich ein paar Erinnerungen an die Jungschar. Eine witzige Sache war, dass ein gewisser Herr Josef Pühringer mein Jungscharleiter bzw. derjenige war, der zuständig war für meine Gruppe. So habe ich den Josef Pühringer, den späteren Landeshauptmann von Oberösterreich, bereits in jungen Jahren kennengelernt.

Eines gibt es, was für mich damals ganz schlimm war. Da war ich schon im Internat, als ich dann einmal in den Ferien nach Hause nach Traun kam, und es war ein Riesen-Trara. Der Grund: man hatte den riesigen Kastanienbaum an der Ecke Bahnhofstraße / Linzer Straße / Heinrich Gruber Straße umgeschnitten. Ich kann mich erinnern, dass sie große Probleme hatten, das Wurzelwerk herauszubringen, weil es so enorm war. Es war eine Tragödie, diesen Baum zu fällen. Das empfinde ich heute noch genauso. Wenn man sich heute vorstellt, wie toll der alte Baum an diesem Standort wäre. Das hätte man zu einem schönen Begegnungsort gestalten können. 

Bahnhofstraße in Traun mit Kastanienbaum in den 1960er Jahren

Bild: Die Bahnhofstraße mit dem vielbewunderten Kastanienbaum in den 1960er Jahren, links davon das Langhaus. Quelle: graumann.at

Man hat uns damals – mein Vater war natürlich schwer dagegen – Grund abtreten lassen um die Kioskzeile mit dem Hofer-Markt bauen zu können. Die Bahnhofstraße musste zweispurig bleiben und deshalb verbreitert werden. Mein Vater war immer für eine Einbahnlösung, doch die Stadtverwaltung hat damals eben anders gedacht. Der Baum hätte dann in der Mitte der Fahrbahn gestanden, weshalb er weg musste.

Bild: „Hofer“ in der Bahnhofstrasse, wohl nur sonn- und feiertags so einsam. Foto © Walter Königsmayr. Quelle: graumann.at

Jetzt haben wir seit vielen, vielen Jahren eine Einbahn. Also so, wie mein Vater das vorausgesehen hat. Um diesen Baum ist es ewig schade. Das war ein sicher 200 Jahre alter Kastanienbaum. 

Die Weberei Ihrer Familie war ja ein großer Betrieb in Traun. Ich stelle mir vor, dass die Schließung der textilen Produktion im Jahr 1958 für die Bewohner und Bewohnerinnen ein einschneidendes Erlebnis war. Sicher auch für Sie und Ihre Familie. Möchten Sie vielleicht darüber aus Ihrer Sicht etwas erzählen?

Mein Vater war sehr froh, dass er durch den Verkauf der Maschinen, der dann nachher im Laufe der Zeit abgewickelt wurde, die gesamten Schulden loswerden konnte. Das waren Schulden unter anderem den Arbeitnehmern gegenüber, die wir am Schluss nicht mehr bezahlen konnten. Die Entscheidung, die er damals treffen musste, war entweder 10 Millionen Schilling Kredit aufzunehmen, um den Maschinenpark auf modernes Niveau zu bringen oder das Werk zu schließen. Mein Vater hat sich für letzteres entschieden. Ich war damals gerade erst geboren. Das spielte für ihn insofern bei der Entscheidung eine Rolle, da er wusste, dass er das Unternehmen lange Jahre weiterführen muss, wenn er sich denn dazu entschließt. 25 Jahre mindestens. Bis ich dann vielleicht als 25-jähriger gar nicht weiß, was ich damit machen soll. Es war für ihn keine angenehme Entscheidung. Aus seiner Sicht stellte die Einstellung der Produktion ein Versagen dar. Er hätte seinen Kindern gerne einen lebendigen Betrieb übergeben. Nichtsdestotrotz hat es sich im Laufe der Zeit als durch und durch richtige Entscheidung erwiesen. 

Nicht zuletzt durch die Nähe zu Linz hatten wir das große Glück die Werkshallen vermieten zu können. So hat beispielsweise die Firma Ed. Haas ihre Senfproduktion hier begonnen. Irgendwann wurde diese dann eingegliedert in deren Fabrik in St. Martin und wir haben jemand Neuen gesucht. Dadurch, dass die Werkshalle nicht an ein einziges Unternehmen, sondern immer an mehrere, kleinere Produktionsstandorte vermietet wurde, waren wir in einer sehr glücklichen Position und nicht vollständig von einem Betrieb abhängig. 

Fabrikseinfahrt Ed. Haas damals in Traun

Bild: Fabrikseinfahrt – Beschilderung u.a. Ed. Haas, Bastlerzentrale; Quelle: graumann.at

Es war eine gute Zeit, weil wir die Hallen schnell vermieten konnten. Somit war für meinen Vater ein ganz anderes Leben möglich. Ich bin dann wegen der Scheidung meiner Eltern in die Schweiz gekommen. Mein Vater ist nach Wien übersiedelt, wo er ganz andere Möglichkeiten hatte als vorher, als ihn schlaflose Nächte quälten, in denen er überlegte, wie er das Werk weiterführen kann. Diese ganze Verantwortung, die auf ihm lastete, war von einem Tag auf den anderen weg. 

Wirft man einen Blick auf die anderen Betriebe der Branche von damals, bestätigt dies den Schritt zur Produktionseinstellung ebenso. Die Vorarlberger Textilunternehmen wie Rhomberg und Hämmerle haben noch einmal richtig Schwung gegeben, um dann doch krachend in Konkurs zu gehen. Zwar Jahrzehnte später, aber dennoch.

Herr Lang, die blauen Chrysanthemen, die auf der Fassade der Graumann-Lofts abgebildet sind: Was hat es damit auf sich und welche Bedeutung haben diese?

Die blauen Chrysanthemen sind nicht ein Vorzeigeprodukt. Es ist nur eines von sehr vielen, sehr hübschen Mustern. Wir haben einige Muster gerettet, die zum Teil in Haslach im Textilmuseum ausgestellt sind. Unsere Musterbücher, die dort renoviert und restauriert wurden, haben dort eine adäquate Heimat gefunden. Das blaue Chrysanthemen-Muster war einfach das, was uns am besten gefallen hat. Es gibt viele weitere hübsche Muster, wie zum Beispiel ein Fischmuster oder die kleinen Blümchen, die wir immer noch als Badezimmergarnitur verwenden, für Handtücher, Badetücher, Waschlappen und Bodenmatten. Die blauen Chrysanthemen empfanden wir einfach als am einprägsamsten. Zudem waren sie für die Hausfassade der Graumann-Lofts am geeignetsten. 

Bleiben wir gleich bei den Graumann-Lofts und beim Graumann-Viertel. Wie ist die Idee für das Graumann-Viertel entstanden? Die Graumann-Lofts haben zudem ein sehr spezifisches Raumkonzept: Wie hat sich das entwickelt?

Wie weit soll ich ausholen? (lacht) Mein Vater ist mit 87 Jahren, im Jahr 1989, gestorben. Ein paar Jahre vorher, wenn ich mich richtig erinnere zwei Jahre vorher, hat er mich als Geschäftsführer in die Firma Friedrich Graumann & Co. eingeführt. In den nächsten Jahren habe ich immer wieder Gespräche mit Architekten geführt und gefragt, wie sie die Entwicklung der Liegenschaften angehen würden. Dabei sind zum Teil enorme Planungen entstanden. Ein Architekt muss ja immer weiter denken, als bis an die Grundstücksgrenzen. Aus Architekten-Sicht handelte es sich dabei um ein städtebauliches Gebiet, das zu entwickeln war. Wie sich dann herausstellte, planen Architekten wirklich großartige Dinge, doch mit der Füllung der Gebäude haben sie dann nichts am Hut. Das war schwierig für mich. In einer Planung wurde zum Beispiel im ersten Entwurf für ein Graumann-Zentrum über zwei Stockwerke ein Fitnesscenter eingebaut. Tolle Idee, keine Frage. Doch was ist, wenn man dafür keinen Betreiber findet oder der dann auf einmal auszieht und man findet keinen Nachmieter? Was macht man dann mit dem maßgeschneiderten Fitnessstudio? Das war mir zu riskant. Also solche Planungen gab es viele. 

Jedenfalls gab es dann 2013 eine glückliche Fügung, als ein Freund von mir, Gábor Wild, der vorher in Ungarn als Projektentwickler für die PORR AG tätig war, sich beruflich neu aufstellte. Dem habe ich unsere Fabrik gezeigt und er war von der Fabrik begeistert. Zunächst hat er Grundlagenforschung betrieben. Sprich recherchiert: Wie ist die spezifische Situation in Traun? Wo sind Nahversorger, Supermarktketten aktuell angesiedelt? Wie ist die Gebäudesubstanz der Weberei etc.? Daraus haben wir dann schnell zwei Schlüsse gezogen: wenn sich eine Supermarktkette hier ansiedeln soll, müsste das halbe Grundstück für einen Parkplatz frei gemacht werden. Das ist mitten in Traun ja sinnlos, kam also nicht in Frage. Die Erhaltung der Substanz wäre nur mit enormem Aufwand möglich gewesen, weil wir keinen Keller hatten. Bis in die 1930er Jahren waren in Traun überdies Hochwässer, wobei auch unsere Hallen unter Wasser waren und der Ziegelbau das Wasser aufgesaugt hat. Das trockenzulegen wäre nicht finanzierbar gewesen. Es so für modernen Wohnbau zu nutzen war gänzlich unrealistisch. Gábor Wild hat schließlich einen Wohnbauspezialisten mit ins Boot geholt: Herrn Hannes Horvath. Somit hatten wir zwei verschiedene Perspektiven auf das Projekt, was sehr gut war. Gemeinsam wurde ein Konzept für die Nutzung des Areals umrissen und ein städtebaulicher Wettbewerb ausgeschrieben. Riepl&Riepl Architekten Linz hat diesen mit Bravour gewonnen. Dieser Wettbewerb war beschränkt auf die drei Wohnhäuser, mit der Vorgabe, dass im nördlichen Teil ein großes Gebäude stehen wird, das nicht im Zuge des Wettbewerbs zu planen ist. 

Dieses Gebäude war nämlich das Baby von Hannes Horvath, mit dem er schon lange im Kopf schwanger war: die Neubau-Lofts. Dazu gibt es ein Wimmelbild, das Hr. Horvath ein paar Jahre vorher von einem befreundeten Künstler hat zeichnen lassen. Er hatte dafür bereits einen Baumeister, mit dem er begonnen hatte es architektonisch umzusetzen. Das Wimmelbild selbst ist ein bisschen kleiner dimensioniert, mit sieben Einheiten pro Stockwerk. Wir haben in den Graumann-Lofts jetzt zehn. 

Neubaulofts Wimmelbild von Jimmy Zurek

Bild: Wimmelbild von Jimmy Zurek

Die Idee dahinter ist, die Lofts aus New York in die heutige Zeit zu transferieren ohne abgehoben zu sein. Bei den Lofts in New York handelt es sich natürlich um völlig andere Dimensionen. Zudem sind sie sehr elitär. Das ist bei uns völlig anders, doch wir wollten das Feeling dieser Großzügigkeit übermitteln. Dies konnten wir dadurch erreichen, dass wir die Räume drei Meter hoch planten, was für heutige Verhältnisse außergewöhnlich ist. 

Aus dieser, dem Wimmelbild zugrunde liegenden Einteilung hat sich schlussendlich die Fassade ergeben, die wir sehr hochwertig gestaltet und mit den blauen Chrysanthemen als Mosaike geschmückt haben. 

Graumann-Lofts mit Chrysanthemen Mosaik

Fassade der Graumann-Lofts mit Chrysanthemen Mosaiken © graumann.at

Im Inneren sind die Graumann-Lofts, neben der Idee der Großzügigkeit durch hohe Räume, vom Gedanken der Schlichtheit getragen. Die Ausstattung ist sehr rudimentär und doch hochwertig. Dahinter steht der Gedanke, dass sich jeder die Räume selbst einteilen soll, maßgeschneidert nach den eigenen Bedürfnissen und Anforderungen. 

Etwas das die Mieter und Mieterinnen auch sehr an den Graumann-Lofts schätzen. Ich hatte kürzlich ein sehr nettes Gespräch mit einer Mieterin, die in den Graumann-Lofts so etwas wie ein Symbol für die Zukunft sieht. Sie wünscht sich, dass es bei der Stadtentwicklung mit diesem look-and-feel an Modernität weitergeht. Was ist Ihre Vision für das Graumann-Viertel?

Dem vorausschickend: Traun hat den enormen Vorteil, dass es in der Mitte des Ballungsgebiets zwischen Linz und Wels, mit einer halben Million Einwohnern, liegt. Für uns ist das aus wirtschaftlicher Sicht natürlich großartig. 

Aus Linzer Sicht ist Traun bestenfalls eine Vorstadt. Damit kämpfen wir natürlich. Es war mit ein Grund dafür mit den Gebäuden etwas Markantes, nicht zu Mächtiges aber doch etwas Charakteristisches hinzustellen. Der Verkauf von 86 der 88 Wohnungen im Graumann-Viertel noch vor Übergabe gibt uns recht: die Käufer, die zugeschlagen haben, sind auch aus Linz. Wir haben es also geschafft, Linzerinnen und Linzer anzusprechen und ihnen zu vermitteln, dass Traun zukunftsträchtig ist. 

Dabei hat natürlich enorm geholfen, dass wir die Straßenbahn nach Linz haben und wir gut angebunden sind. Nicht so sehr im Fokus der Bevölkerung liegt oft der Bahnanschluss. Damit ist man in zehn Minuten in Linz. Vom Graumann-Viertel bis zum Bahnhof ist es zwar rund ein Kilometer, doch das kann man beispielsweise mit dem Roller oder Fahrrad sehr rasch zurücklegen. In Bezug auf das Fahrrad gibt es sehr viele, teils ungenutzte Möglichkeiten. Traun ist komplett flach – die optimale Fahrradgemeinde also. Auch im Hinblick auf nachhaltige Mobilität hat Traun hier sehr viel Entwicklungspotential. 

Dieses Potential weiterzuentwickeln, dazu möchten wir beitragen. Unser Wunsch ist es, dass wir gemeinsam ein Profil entwickeln können, das verdeutlicht, dass Traun eine sehr lebenswerte Stadt ist – mit unglaublichen Möglichkeiten. 

Zum Beispiel haben wir das Schloss Traun, das in der Wahrnehmung der Bevölkerung im Regionalraum meiner Meinung nach viel zu wenig Bedeutung hat. Es wird langsam besser. Es gibt sehr gute Entwicklungen wie zum Beispiel die Spinnerei in Traun. Die ist großartig geworden. Ich wünsche ihnen alles Gute, dass sie ihr Programm weiter so qualitativ hochwertig führen können. Das bringt Leute nach Traun. Es ist toll, dass das Schloss Traun revitalisiert wurde und es für Veranstaltungen offen ist. Was fehlt ist ein Hotel. Für Hochzeiten, Veranstaltungen und als Business-Unterkunft. Aber auch daran wird bereits gearbeitet. 

Ich glaube zudem, wenn wir die Anforderungen, die der Klimawandel an uns stellt, endlich ernst nehmen, dann muss eine Folge daraus sein, dass der Autoverkehr zurückgedrängt wird. Traun kann davon ganz wesentlich profitieren. Es wird eine aufblühende Stadt sein. Durch die Lage im flachen Ballungsraum wird die Umsetzung eines nachhaltigeren Mobilitätskonzeptes hier viel leichter fallen als anderswo, was für die Menschen definitiv mehr Lebensqualität bringen wird. 

Was ist aus Ihrer Sicht als nächstes in Traun geplant?

Wir haben im Graumann-Viertel noch drei weitere Stadthäuser im Talon. Vielleicht kurz ein Wort dazu, warum sowohl für uns als auch für die Stadt der Wohnbau so wichtig ist. Wenn ich eine belebte Innenstadt haben will, beispielsweise mit einer funktionierenden Fußgängerzone, dann brauche ich auf beiden Seiten eine dort lebende Bevölkerung. Dadurch, dass wir hier früher einen Industriebereich hatten, fehlte uns das bisher. Doch in Zukunft werden wir hier sechs Stadthäuser haben, also werden zusätzlich bis zu 300 Menschen hier wohnen und weitere 150 hier arbeiten. Wir stehen quasi in den Startlöchern für die nächsten drei Wohnbauten. Die Baugenehmigung liegt vor. Es werden wieder zwischen 80 und 90 Wohnungen entstehen. Aber wir wissen aus heutiger Sicht noch nicht genau, wann wir de facto starten können. Es ist ein sehr komplexes Marktumfeld. Vor dem Baustart muss eine entsprechend hohe Vorverwertung garantiert werden können. Wir sind zuversichtlich, dass dies zeitnah gelingen wird.

Rendering des Graumann-Viertels

Rendering des Graumann-Viertels mit allen sechs Stadthäusern © Graumann-Viertel

Wir halten die Daumen, dass es nicht mehr lange dauert bis es los gehen kann. Was wünschen Sie sich außerdem für die Zukunft?

Dass sich die Menschen im Graumann-Viertel wohl fühlen. Diesbezüglich haben wir tolle Rückmeldungen erhalten. Wohnungskäufer wie Mieter sagen, dass es sehr gelungen ist.

Die essbare Stadt, das Konzept des Graumann-Viertels, wird erst essbar werden. Heuer wahrscheinlich noch rudimentär, aber das wächst sich ein. Im Zuge dieses attraktiven Grünraumkonzepts haben wir ein Areal von knapp 4.000 m2 entsiegelt, die dadurch zu Rasen- und Pflanzfläche wurde – ohne Autos. Es wurden zwei 20jährige und 8 bis 10 m hohe Platanen gepflanzt – Karoline und Josef. Dazu zehn andere Bäume, wie beispielsweise Linden, um die 200 verschiedene Kräuter; Wir haben teilweise begrünte Fassaden und extensive Dachbegrünungen. Hinzu kommen noch um die 30 Obstbäume. Der Kirschbaum ist sogar schon bis oben geplündert! Ab dem nächsten Jahr gibt es dann alles Mögliche zu ernten wie beispielsweise Himbeeren oder Ribiseln. Ein tolles Konzept. Es ist sehr üppig grün geworden. Das sieht man jetzt schon, obwohl es ja ganz frisch gepflanzt ist. 

Unsere Landschaftsplaner, das Büro Beitl mit Frau DI Pflüger, haben ein großartiges Konzept erarbeitet und der Gartengestalter Herr DI Lipp hat es toll umgesetzt.

Ein großer Wunsch ist ferner, dass das Graumann-Viertel über den Standort hinaus positive Impulse setzen kann. Das heißt, dass wir als Vorzeigeprojekt weitere ähnliche Projekte anziehen. Zudem würde ich gerne mit dem Viertel weitere Kreative anziehen und nach Traun holen.

Last but not least: das übergeordnete Ziel von all dem ist, dass das Trauner Zentrum aufblüht.

Im Sinne der städtebaulichen Entwicklungsarbeit mit dem Ziel, das Wohnen, Arbeiten und Einkaufen ohne lange Wege zu forcieren, steht dem nun nichts mehr im Wege. 

Lange Jahre war das Areal des Graumann-Viertels in Bezug auf die Flächenwidmung als gemischtes Industriegebiet definiert. Erst 1999 wurde es zu einer Kernzone umgewidmet, wodurch für uns erst die Möglichkeit geschaffen wurde, sich gedanklich von der Industrie zu befreien. Den Schritt hin zum Wohnbau zu wagen, war dann noch einmal eine ganz andere Dimension. Eine Voraussetzung dafür war der erforderliche Abbruch der Weberei, der erst nach der Absiedelung der Spinnerei im Jahr 2017 erfolgen konnte. Erst damit war es uns möglich über die Fläche zu verfügen und es wurde umgehend mit der Projektplanung für das Graumann-Viertel begonnen. 

 

Tassilo Lang mit seiner Frau, der Schmuck-Künstlerin Charity Akuma und Projekt-Entwickler Gabor Wild bei der Gleichenfeier der Graumann-Lofts

Tassilo Lang mit seiner Frau, der Schmuck-Künstlerin Charity Akuma und dem Projekt-Entwickler Gábor Wild bei der Gleichenfeier der Graumann-Lofts © Christian Redtenbacher (Elephants5)

Gibt es noch etwas, das Sie den Leserinnen und Lesern vom Blog darüber hinaus mitgeben möchten?

Ja, wir freuen uns über jeden Besucher und jede Besucherin, besonders über alle, die das Trauner Zentrum zu schätzen wissen. Wir wünschen uns, dass sich alle hier wohlfühlen und tun alles dafür, dass dies gelingt.

Wichtig ist für uns außerdem, dass wir die Geschäftslokale voll kriegen. Wir suchen zum Beispiel noch einen Café-Betreiber. Das ist in dieser Zeit besonders schwierig, da alle mit Personal und Kosten kämpfen. Wir hatten eigentlich bereits jemanden, der uns dann jedoch abgesprungen ist. Nun ja, man muss das beste daraus machen. Persönlich würde ich mir dazu einen kleinen Nahversorger oder einen Delikatessen-Laden bei uns wünschen. Etwas feines zum Gustieren wäre toll. 

Etwas das ich den Traunern und Traunerinnen auch noch ans Herz legen bzw. mehr ins Bewusstsein rufen möchte: die Stadt birgt enorme Qualitäten und viele Möglichkeiten. Die gilt es aktiv zu nutzen. 

Wenn man sich die aktuellen Entwicklungen im Graumann-Viertel so ansieht, bin ich sehr zuversichtlich, dass sich hier eine lebendige Gemeinschaft entwickeln und sich in Traun ein dynamisches Stadtzentrum ausbilden wird. Die Voraussetzungen dafür haben wir nun geschaffen!

Porträt Tassilo Lang

Porträt: Tassilo Lang © graumann.at